Iran und das Wirrwarr auf den Autobahnen
Von Wolfgang Ilkerl (ATV-Sportredaktion)
In Persien ist alles XL wie "Xerxes-Large! Vom Verkehr angefangen bis zu den Temperaturen auf der Urlaubsinsel Kish von Reza Schah Pahlavi - bis zu 52 Grad Celsius. Im Iran geht es heiß her, auch wenn es vorkommt, dass im Norden und Westen Schnee liegt, während im Süden die Sonne scheint.
Wenn jemand eine Reise tut, dann kann er was erzählen. So oder so ähnlich lautet das geflügelte 1x1 des Verreisens. Im Iran heißt es: Wenn jemand eine Busreise macht, dann kann er was erleben...
Während die Insel Kish ohne einzige Ampel auskommt, wird in der 15 Millionen-Einwohner-Metropole Teheran das Wort "Tangente" völlig neu definiert: Zwei bis fünfspurige Autobahnen quer durch die Stadt. Von einem Ende zum anderen sind es 120 Kilometer. 2,5 Millionen Fahrzeuge. Allein 30.000 Taxis. Da passiert schon mal was. Zum Beispiel konträr zur Fahrtrichtung entgegen kommende Mopedfahrer, selbstverständlich ohne Helm, die sich durch die Autokolonnen schlängeln.
Oder Fußgänger, die sich beim ärgsten Verkehr über die Tangente trauen. Sind fünf Spuren zu knapp, werden daraus einfach zehn. Pro Streifen - Lenkrad mal Pi über den Daumen gepeilt - gehen sich schon zwei Karossen nebeneinander aus, irgendwie. Wer eine Ausfahrt verpasst, kein Problem. Entweder am Pannenstreifen per Retourgang zurück und dann "Einlenken". Oder gleich die Version
der "Irrwitzigen Rasanten Auto Narren" wählen und einfach "Geisterfahrer" spielen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Lieber ein
paar Meter verkehrt als leere Kilometer. Doch die "Verkehrstombola" fordert eine hohe Maut. Drei Tote pro Stunde allein in Teheran. 27.000 im Jahr. Die traurige Nummer 1 der weltweiten Statistik. Lustig ist das nicht...
Ebenfalls nicht zum Lachen: Das strikte Alkoholverbot im ganzen Land!
Findige Einheimische erklären es jedoch wie folgt für "überflüssig". Das Rezept zum hochprozentig glücklich sein besteht aus sieben einfachen "Promilleregeln":
- Erstens: Alkoholfreies Bier in rauen Mengen kaufen.
- Zweitens: Daheim in die Badewanne schütten.
- Drittens: Ein paar Tage gären lassen, je nach Ausbaustufe Pils oder eine andere Hopfenvariante.
- Viertens: Fertig ist das Gebräu.
- Fünftens: Funktioniert für Weintrinker auch mit Traubensaft!
- Sechstens: Nicht erwischen lassen.
- Siebentens: Prost!
Lösung Nummer zwei: Wer diese sieben Regeln nicht intus hat, besorgt sich offiziell auf dem Schwarzmarkt eine "inoffizielle Alkohol-Hotline-Telefonnummer": Anruf genügt, Spirituosen aller Art werden prompt ins Haus geliefert...
Von Haus aus extrem freundlich, ist auch folgendes Verhalten der gar nicht zurückhaltenden, sehr weltoffenen Einheimischen völlig up to date. "Make a picture" heißt der bei der Bevölkerung aller Altersklassen sehr beliebte Zeitvertreib. Man(n) sieht einen "Westler", sprich Ausländer - im Idealfall einen Europäer - und Frau schießt per Handy sofort ein Foto. Sei es Taxifahrer, die mit quietschenden Reifen auf offener Straße einfach stehen bleiben und einen Verkehrsstau verursachen, um ein Bild zu schießen. Oder sogar die eine oder andere "verschleierte Dame", die verstohlen den Fotowunsch äußert. Selbst Bankmanager im Hotel wollen sich ablichten lassen. Für uns eher schleierhaft warum gerade wir das Objekt der Begierde sind. Nicht abheben, am "Perserteppich" bleiben...
Okay, die schicken Trainingsanzüge mit der Aufschrift "Austria" am Buckel rücken vieles ins rechte Licht. Dennoch ist nicht ganz klar, woher wir kommen. "Austria"! - "Ah, Australia" - "No kangurus" - "Skiing"! - "Autriche" - "Ah, Autriche!" Ein nicht seltener Dialog zwischen unbekannten Besuchern und höflichen Gastgebern.
Zu bereden gibt es aus rot-weiß-roter Sicht einiges: Die "Irani" konkurrieren nämlich mit der Streif, unserer legendären Kitzbüheler Abfahrt. Stolz schwillt ihr Hahnenkamm, wenn sie die persische Legende erzählen, dass der Iran die längste, durchgehende Skipiste der Welt besitzt und nicht etwas "Switzerland" oder "Autriche". Eine, von vielen Neuigkeiten aus dem "Embargo-Land", die uns überrascht. Bei Allah, es ist nicht alles so wie westliche Schlagzeilen die islamische Republik darstellen...